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Bundesliga-Fußball im Jahr 2025Hauptsache kompakt

Die Bundesliga schwört sich immer mehr auf die Basics ein. Premium-Fußball ist nicht in Sicht. Immerhin der Nachwuchs lässt hoffen.

Nur keinen Raum lassen: Dortmunds Julian Ryerson unterbindet einen Gladbacher Angriff durch Philipp Sander Foto: Bernd Thissen/dpa

Die Bundesliga kann schon ein wenig Spektakel. Der letzte Spieltag in diesem Jahr ist wohl Beweis genug dafür. 13 Tore in nur drei Partien am Samstag sprechen doch eine deutliche Sprache. Begeisternd dramatisch war insbesondere die Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und dem SC Freiburg (3:4). Trotz hoher Fehlerquote wurde mitunter ansehnlicher Fußball geboten. Jenseits der jeweiligen überschaubaren Fanlager wird die Begegnung allerdings schnell in Vergessenheit geraten sein.

Was dieser letzte Spieltag etwas nachdrücklicher gezeigt hat: Die Bundesliga kann verdammt langweilig sein. Denn in den anderen drei Begegnungen an diesem Tag fiel gerade mal ein Tor. Schaut man mit etwas mehr Distanz auf diese Hinrunde 2025/26, in fünf Jahren vielleicht, wird man sich wohl kaum an bleibendes Spektakel erinnern. Aus dem Rahmen fällt wie immer nur der FC Bayern. Welchen Kick vermag diese Liga Neukonsumenten noch zu geben?

Das Angebot ist extrem eingeschränkt. Das Publikum bleibt seit Jahren auf dem Basis-Abo mit dem Garantiemeister Bayern München sitzen, die Premium-Variante wird lediglich in absoluten Ausnahmefällen freigeschaltet. Dass Menschen selbst in Berlin oder Hamburg zu Fans von Bayer Leverkusen werden, solch wilde Geschichten können nur dann entstehen.

Der Trend geht aber in die andere Richtung. Premium-Fußball ist jenseits des FC Bayern immer mehr verpönt. Die drei meist verwendeten Wörter dieser Hinrunde? Basics, Basics und Basics.

Abgerufen

Zuerst einmal, so wird es gern formuliert, müssen „die Basics abgerufen werden“. Gemeint ist damit Laufbereitschaft, Disziplin und Kompaktheit. Was nach diesem Satz meist unausgesprochen bleibt: bevor Fußball gespielt werden kann, bevor Risiko und Fantasie erlaubt sind. Die Premium-Variante also.

Und dabei geht es nicht nur um die üblichen Verdächtigen: den FC Augsburg, Union Berlin oder Mainz 05, die mit Urs Fischer neuerdings den Basics-Beschwörer Nr. 1 in ihren Reihen haben. Nein, auch das Team, das dem FC Bayern am nächsten kommt, Borussia Dortmund, hat dem Spektakel abgeschworen. Der allgemeine Befund: Trainer Niko Kovač ist nur deshalb so erfolgreich, weil er sich auf die Basics konzentriert. Zwar hat man nur halb so viele Tore wie der FC Bayern erzielt, kassiert aber hat man nur eines mehr.

Und so werden allerorten die Räume zugelaufen und Kompaktheit hergestellt, auf dass im Zweifelsfall derjenige gewinnt, der „ekliger“ zu spielen vermag. Nicht umsonst ist dieses Wort zu einem Gütesiegel im deutschen Fußball geworden. Der Liga fehlt es an einer Idee eines anderen Fußballs. Die herausragenden Überraschungen der bisherigen Hinrunde, Hoffenheim (positiv) und Mainz (negativ), skizzieren das Aufregungslevel, das die Liga erzeugt. Wirklich mitreißend ist die Bundesliga wahrlich nicht.

Hoffnung gibt es dennoch. Schon Mitte November wurde eine spektakuläre Bilanz verkündet: In der Geschichte der Bundesliga, so hieß es, seien noch nie so viele Tore von Teenagern erzielt worden. Zuvorderst wird seit Monaten von Lennart Karl (FC Bayern) und Saïd El Mala (1. FC Köln) geschwärmt.

Individualitäten mit Abschluss

So sehr die Teams sich gegenseitig um ihre Möglichkeiten bringen, so sehr stechen seit dieser Saison immer mehr junge Individualisten mit Abschlussqualitäten hervor. Neben den Erwähnten gibt es noch viele mehr: Beispielsweise Assan Ouédraogo (RB Leipzig), Ibrahim Maza (Bayer Leverkusen), Can Uzun (Eintracht Frankfurt) oder Johan Manzambi (SC Freiburg).

Ihre noch jungen Karrieren schaffen nicht nur große Fantasieräume. Ihr Erfolg bindet auch die ganz junge Fanbase. Und der Hang zur Individualisierung von Erfolg verhilft dann manch mauem Spiel noch zum nötigen Glanz.

Was obendrein noch Hoffnung macht in der Bundesligahinserie, ist die Aussetzung des sogenannten Handshake-Dialogs, der erst vor der Saison eingeführt wurde. Trainer, Kapitäne und Schiedsrichter sollten sich 70 Minuten vor Anpfiff zum Gespräch treffen, um vor dem Spiel „ein gutes Miteinander zu schaffen“. Die Basics des guten Benehmens sollten erwachsenen Menschen obligatorisch allwöchentlich näher gebracht werden, um der Liga ein besseres Image zu verschaffen. Schnell wurde klar, dass die Maßnahme nur nervte und keinen Ertrag brachte.

Weniger Bohei um die Basics und mehr Freiheit für den Fußball – das wäre doch ein schöner Vorsatz für das kommende Jahr.

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1 Kommentar

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  • Ein gnadenlos überbewertetes Produkt, diese Bundesliga.



    Mangels Ausgleichsmechanismen ein Trainingslager für den FC Bayern, der 92,3% der letzten 13 Meistertitel eingesackt hat, bereits jetzt ist ein Szenario ohne grinsenden Müller auf dem Marienplatz 2026 nur denkbar, wenn Müller am gleichen Tag ein Spiel in den USA hat.



    Wenn wenigstens ein ansehnlicher Fußball gespielt werden würde, den haben leider auch nur die Überfröttmaninger zu bieten. Okay, der BvB, RB, der VfB oder die Eintracht zeigen ab und zu ordentliche Ansätze, sonst wird das Spiel des Gegners zerstört und versucht zu kontern ("Umschaltspiel"), wobei sich in sehr vielen Spielen die Mannschaften nur gegenseitig das Spiel kaputtmachen und auf individuelle Fehler warten. Schaut man sich das im Stadion an drängt sich automatisch die Frage auf, ob man mit seiner Zeit nicht doch etwas Sinnvolleres anstellen könnte.



    Das die Jungen sich das immer weniger ansehen ist sehr gut verständlich.